Wurtschaft

Yes, we all can


Heft 03, 2019

Yes, we all can


Rashmi Bansal |Autor

Heft 03, 2019


Intrapreneure schaffen neue Möglichkeiten und kurbeln Indiens Wirtschaftswachstum an. Wir berichten über die Erfolgsgeschichten dreier Persönlichkeiten: Pawan Goenka, Nitin Paranjpe und Amitabh Kant 


Indien ist ein Land mutiger Denker. Ich bin begeistert von dem Ehrgeiz und der Zielstrebigkeit, die man sogar im kleinsten Dorf des Landes sieht. Trotz aller Härten gibt es Hoffnung und Optimismus. Vieles davon wird von den neuen Aussichten beflügelt, die die Richtlinien und Programme der Regierung eröffnet haben. Die wichtigste Inspirationsquelle sind jedoch die Wirtschaftsführer, die Ikonen, welche die Herzen und Köpfe der Inder verstehen. Ich nenne diese Führungspersönlichkeiten Intrapreneure: die belastbaren und kreativen Männer und Frauen, die innerhalb der Organisationen, für die sie arbeiten, große Veränderungen bewirken. Ein Entrepreneur hat die Vision; ein Intrepreneur ist der, der die Vision des Entrepreneurs in die Realität umsetzt.

Der Motorenmann

Pawan Goenka President of President of the Automotive and Farm Equipment Sectors of Mahindra & Mahindra

„Mahindra hat seine Investitionsziele für den kommenden Dreijahreszyklus um 30 Mrd. INR angehoben“, meldete eine große Wirtschaftstageszeitung im Mai dieses Jahres. Viele würden sie als Routine-Nachricht abtun, aber aus einem bestimmten Grund weckte die Nachricht mein Interesse. Im Mai 2019, direkt nach den allgemeinen Wahlen, waren die rosafarbenen Zeitungen voll mit Berichten über fallende Umsatzzahlen in der Automobilbranche. Und den „traurigen Zustand“ der indischen Wirtschaft. Weshalb also sollte es Mahindra Auto riskieren, seine Kapazitäten zu erweitern? Um dies zu verstehen, müssen wir bis ins Jahr 1993 zurückgehen, als Dr. Pawan Goenka, Absolvent des IIT Kanpur und der Cornell University, General Motors in Detroit verließ und zur bescheidenen F&E-Abteilung von Mahindra & Mahindra wechselte, einem fünfzig Jahre alten Familienunternehmen. Anand Mahindra hatte gerade die Leitung übernommen, und der junge Harvard-Absolvent hatte eine kühne Vision für einen Bereich, in den nur wenige indische Unternehmen bislang vorgedrungen waren.

Dr. Pawan Goenka stellte das Team zusammen, welches das Unmögliche schaffen sollte – die Entwicklung eines SUV namens Scorpio „Made in India“ in einem Zeitraum von vier Jahren und mit einem Budget von 5,5 Mrd. INR (eine bescheidene Summe für die Bedeutung des Projekts). Der Wagen schlug voll ein, mit seiner kühnen Optik, dem kräftigen Motor (der als erster in Indien schneller als 100 km/h war) und dem hervorragenden Preis. „Ich glaube, dass noch ein Faktor für den Scorpio sprach. Nämlich der Stolz der Inder, dass ein indisches Unternehmen das geschafft hatte…“, meint Goenka. In 2009 brachte Mahindra einen SUV namens Xylo auf den Markt, der die Umsatzziele nicht erreichte. Das Unternehmen verzeichnete im 3. Quartal des Jahres einen Verlust. Genau in dieser Zeit jedoch unterbreitete Dr. Goenka dem Vorstand einen mutigen Vorschlag: die Investition von 50 Mrd. INR in eine moderne neue Anlage in der Nähe von Pune, um die Nachfrage der nächsten 10, 20, 30 Jahre zu decken. Es war ein wohlkalkuliertes Risiko und erklärt, weshalb Mahindra immer weiter investiert, unabhängig von möglichen Rückgängen zum aktuellen Zeitpunkt. „Der Job des CEO ist es nicht, Stars hervorzubringen oder ein Star zu werden, sondern ein ganz gewöhnliches Team zu nehmen und außergewöhnliche Ergebnisse zu erzielen. Und dies passiert, wenn der CEO nicht so agiert, als sei er allwissend“, erläutert Goenka.

Think-Tank

Intrepreneure findet man auch im Regierungssektor. Bürokraten wandeln sich im neuen Indien, wo die Staatsbediensteten Dynamik, Weitblick und Problemlösungskompetenzen zeigen müssen. Amitabh Kant ist ein gutes Beispiel für einen Beamten, der in seiner Karriere aus genau diesen Gründen extrem viel erreicht hat. In den späten 1980ern war Kant Bezirksfinanzbeamter in Calicut und initiierte Unterstützung auf kommunaler Ebene, um den internationalen Flughafen von Calicut zu finanzieren. Calicut war der erste Flughafen im Land, der eine Benutzerentwicklungsgebühr (UDF) erhob – ein Modell, das später im ganzen Land Nachahmer fand. Als Sekretär für Kerala Tourism konnte Kant während seiner Amtszeit durch öffentlich-private Partnerschaften die Einreisezahlen für den Bundesstaat deutlich steigern. Dasselbe innovative Denken wendete er bei der Incredible India-Kampagne auf internationaler Ebene an, was das touristische Potential des Landes wie niemals zuvor zeigte.

Kant wurde in 2001 Zweiter Sekretär im Tourismusministerium, kurz vor den Terroranschlägen am 11. September in den USA. Die Tourismuszahlen auf der ganzen Welt wurden dadurch beeinflusst. Der Angriff auf das indische Parlament im Dezember 2001 schreckte Touristen noch mehr ab. Dennoch wurde zu genau diesem Zeitpunkt die Incredible India-Kampagne gestartet. Zum Ende des ersten Jahrs wurden die Auswirkungen sichtbar, als die Einreisezahlen der Touristen in das Land um 16 Prozent angestiegen waren. Mittlerweile steht Kant der NITI Aayog vor, dem Regierungs-Think-Tank, der die Richtung und Geschwindigkeit des Wandels in Indien erfasst. Kant definiert sein Mantra so: „Wenn einem viel Gegenwind entgegenschlägt… muss man in der Lage sein, Gegendruck zugunsten der Veränderung aufzubauen. Das ist der einzige Weg zum Erfolg.“

Mit vollem Herzen

Dieselbe Strategie wendete Nitin Paranjpe an, der in 2008 CEO von Hindustan Unilver (HUL) wurde. Im Angesicht der Weltwirtschaftskrise hätte er einfach die Hände heben und sagen können „die Umstände liegen nicht in meiner Verantwortung“. Stattdessen nutzte er die Abschwächung als Chance zur Grundsteinlegung des weiteren Wachstums. Damals hatte HUL rund 1 Million Verkaufsstellen im ganzen Land und jährlich kamen 10.000 – 15.000 hinzu. In 2009 legte Paranjpe ein Ziel von zusätzlichen 50.000 Verkaufsstellen im nächsten Jahr fest. Zunächst waren die Menschen geschockt, dann herrschte Aufregung, gefolgt von standardisierten Ansätzen und schließlich Innovationen.

„Die meisten Menschen versuchen, aus einem bestimmten Grund niedrigere Ziele auszuhandeln: der Angst zu scheitern“, so Paranjpe. Wenn diese Angst auf irgendeine Weise eliminiert werden kann, wird die Kraft des menschlichen Potenzials freigesetzt. In den nächsten beiden Jahren kamen eine Million neue Verkaufsstellen für HUL hinzu, und als sich die Wirtschaft erholte, boomten die Umsätze. „Zu was ich sie (das Team) aufgefordert hatte, war, die rationalen Argumente beiseite zu lassen und das Ziel mit vollem Herzen zu verfolgen. Denn die Ratio setzt ihre Logik ein und findet Gründe, dich zurückzuhalten“, erklärt er.

Das Fazit ist, dass nicht jeder ein Entrepreneur sein kann, aber wir alle in dieser Weise denken und handeln können. Und im Rahmen unseres Jobs Verfechter der Veränderung werden können. So lautet das Gebot der Stunde. Unsere Pflicht gegenüber der Nation und der Welt.

Rashmi Bansal

Rashmi Bansal ist eine indische Sachbuchautorin, Unternehmerin und Jugendexpertin. Als Absolventin des Indian Institute of Management, Ahmedabad, arbeitete sie zuerst als Brand Manager für die Times of India.
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