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Das Vermächtnis von Lothal aufdecken

Issue 06

Das Vermächtnis von Lothal aufdecken

Perspektiven Indien |Autor

Issue 06


Von 2600 bis 1900 v. Chr. war das Indus-Tal oder die Harappan-Kultur auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung als hochentwickeltes und technisch fortschrittliches Zentrum der urbanen Kultur. Die wichtigsten und besterhaltenen Überreste dieser urbanen Kultur des Bronze-Zeitalters können in Rakhigarhi in Haryana, Kalibangan in Rajasthan, Rupar in Punjab und Dholavira und Lothal in Gujarat besichtigt werden, dem südlichste Vorposten der Harappan-Kultur. Lothal eine wichtige Hafenstadt für den Perlen-, Edelstein- und Schmuckhandel.

Lothal liegt in der Region Bhal des heutigen Gujarat und wurde zwischen 1955 und 1960 von der Archaeological Survey of India (ASI) ausgegraben. Das ASI-Museum in Lothal bietet einen Einblick in die Stadtplanung dieser urbanen Hafenstadt. Es zeigt einige feine Stücke aus Keramik, Metall und Perlen, die einst hier entstanden. Dazu gehören auch Objekte aus Bronze, Kupfer, Stein, Hornstein, Muscheln und Knochen. Präsentiert wird ebenfalls die Einheitlichkeit der Gewichte und Maße, die in der Harappan-Kultur verwendet wurden – Ziegel in perfektem Verhältnis, sowie Gewichte auf Basis der Einheiten 0,05, 0,1, 1,2, 5, 10, 20, 50, 100, 200 und 500, wobei jede Einheit rund 28 g wiegt, ähnlich der englischen Unze oder griechischen Uncia. Kleinere Objekte wurden in ähnlichen Verhältnissen mit Einheiten von 0,871 gewogen.

Laut der ASI gab es in Lothal noch eine Reihe von Gewichten, die dem „Heavy Assyrian“-Standard für den internationalen Handel entsprachen. Das Museum präsentiert Siegel und Spielwaren, die den Handel mit dem Persischen Golf und den afrikanischen Hafenstädten darstellen. Hauptsächlich exportiert wurden Perlen, Elfenbein und Muscheln. Zu den wichtigsten Ausstellungsstücken gehören ein goldenes Halsband, eine Kupferfigur, winzige Perlen, Speckstein- und Terrakotta-Siegel mit Motiven und Inschriften, Metallfischhaken, Schmuck wie Armreifen, ein perforierter Becher, ein Terrakotta-Bulle, ein Pferd, ein Bootsmodell, Objekte, die für die Jagd verwendet wurden und eine Muschel, die als Kompass zur Navigation diente. In Lothal wurden außerdem zwei Töpfereistile entdeckt.

Die Entwicklung von Lothal zum Handelszentrum lag wahrscheinlich an seinem Hafen, der durch den Bhugavo-Fluss und den Golf von Khambatt geschützt war, an der Eignung des hiesigen Bodens, Bhal genannt, für den Getreide- und Baumwollanbau und an der bereits blühenden Perlenherstellungsindustrie in der Küstenregion von Khambatt. Betritt man den Ausgrabungsbereich, sieht man das Becken, das mehrere Archäologen für die weltweit erste Schiffswerft halten. Die Harappans waren von den Fluten in Sindh geplagt, sahen die Gefahr durch die Fluten des Golfs von Cambay und sollen daher dieses Inland-Dock mit einer Kanalverbindung zur Mündung des Flusses Sabarmati gebaut haben. Die Docks messen 37 m von Ost nach West und 22 m von Nord nach Süd. Dies zeigt, dass die Fluten, die Hydraulik und die Auswirkungen, die Meereswasser auf Ziegelsteine hat, genau analysiert wurden. Nach einer Darstellung im Museum konnten die Schiffe während der Flut durch einen Einlasskanal zur Mündung des Sabarmati-Flusses in das nördliche Ende des Docks gelangen, und anschließend wurden die Tore geschlossen, damit der Wasserstand ausreichend hoch stieg und die Schiffe genügend Wasser unter sich hatten. Nachdem die Schiffe ihre Ladung geladen oder entladen hatten, wurden die Tore geöffnet, damit sie auf das Meer zurückkehren konnten. Die Dimensionen des Beckens zeigen, dass das Dock 60 Schiffe à 30 Tonnen fassen konnte.

Die Lagerhallen in der Nähe der Schiffswerft waren auf einem 3,5 m hohen Sockel errichtet. Die kubischen Blöcke, die für die Lagerung verwendet wurden, wurden mittels Durchgängen verbunden, die aus gebrannten Ziegeln gebaut waren. Daneben befindet sich die Akropolis, wo die Mächtigen und Wohlhabenden wohnten, denn hier findet man Badezimmer, unter- und oberirdische Abwasserleitungen und einen Trinkbrunnen. Die Fundamente zeigen, dass einst auf der Akropolis ein Herrenhaus existiert haben muss. Die Nähe des Sitzes der Macht zu der Lagerhalle sorgte dafür, dass eine mächtige Person, vielleicht ein Herrscher, problemlos den Bestand inspizieren konnte.

Zu der Unterstadt gehörten Einkaufs- und Wohnbereiche. Die Hauptstraßen, die von Nord nach Süd verliefen, waren vermutlich von Läden, Händlern und Handwerkerbetrieben gesäumt, und die Straßen, die von Ost nach West verliefen, führten zu den Wohngebieten, wobei Wege den Zugang zu den individuellen Häusern ermöglichten. Die Perlenfabriken waren die wichtigste Industrie der Harappans, die Achate und andere Halbedelsteine im Überfluss hatten.

Ein besonderer Planungsaspekt war die unterirdische Kanalisation. Der Hauptabwasserkanal, der in 1,5 m Tiefe lag und einen Durchmesser von 91 cm hatte, verlief in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung und war aus geglätteten, miteinander verbundenen Ziegeln gebaut. Fachkundige Maurer sorgten für seine Wasserfestigkeit und regelmäßiges Durchspülen funktionierte als automatische Reinigung. Eine Holzblende am Ende der Leitungen hielt feste Bestandteile zurück, und die Flüssigkeit gelangte in eine runde Ziegelstein-Jauchegrube.

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