Kino

Das goldene Kinozeitalter

Heft 05, 2019

Das goldene Kinozeitalter

Gajananan Khergamker |Autor

Heft 05, 2019


Von klassischen internationalen Filmen über Retrospektiven bekannter indischer Regisseure bis zu preisgekrönten regionalen Filmen in Sprachen, die verlorenzugehen drohen, – das 50. International Film Festival ofIndia bot weit mehr als nur gute Filme

Was vor 50 Jahren als Plattform zur Präsentation einiger der besten internationalen Kinoproduktionen in Indien begann, hat sich heute zu einem der weltweit angesehensten Filmfestivals entwickelt. Das International Film Festival ofIndia (IFFI) hob am 20. November in Panjim, Goa, zum 50. Mal den Vorhang und startete mit einer starbesetzten Eröffnungszeremonie, bei der sich Größen der indischen Unterhaltungsbranche wie AmitabhBachchan und Rajnikant die Ehre gaben. Organisiert durch das Informations- und Rundfunkministerium der indischen Regierung und durch die Regierung von Goa, gehört das IFFI nicht nur zu den ersten Filmfestivals in Asien, sondern gilt auch als das wichtigste.

Frauen und ihre Träume

Bei der Veranstaltung wurden über 200 Filme aus 76 Ländern gezeigt. Am auffälligsten war jedoch die schiere Anzahl der Filme, die entweder von Frauen gemacht wurden oder deren Plot sich um eine Frau drehte – mehr als 50 (aus aller Welt)! Diese Filme handelten von unglaublichen Geschichten von Frauen und ihren Träumen. Zwei der bemerkenswertesten waren 37 Seconds der japanischen Filmregisseurin Hikari und At Five in theAfternoon der iranischen Regisseurin Samira Makhmalbaf.

Weitere Filme fokussierten sich auf Frauen, die es wagen zu träumen, wie Abhishek Shahs Hellaro und SameerVidwansAnandi Gopal. Hellaro. Der Marathi-Film Anandi Gopal basiert auf dem Leben von Anandi Gopal Joshi, Indiens erster weiblicher Ärztin, die im späten 19. Jahrhundert am Woman’s Medical College in Pennsylvania studierte.

Ich fühle mich geehrt, hier zu sein [IFFI, 2019]. Ich danke der indischen Regierung und der Regierung von Goa für die Einladung. Filme waren immer ein untrennbarer Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Ein Fest dieser Größe in Goa dient auch der Bevölkerung von Goa. Es ist gut zu wissen und sich dem auszusetzen, was in der Welt passiert, und gibt uns auch die Chance, Leute zu treffen und uns auszutauschen

AmitabhBachchan
Indischer Schauspieler und PadmaVishbhushan-Preisträger

 

Das Ziel[des IFFI, 2019] ist es, zu zeigen, dass der Ursprung der Unterhaltung in Indien liegt, was bis zur NatyaShastra zurückverfolgt werden kann, die vor über 2.200 Jahren geschrieben wurde.

Amit Khare
Sekretär, Informations- und Rundfunkministerium der indischen Regierung

Regionaler Fokus

Das Festival konzentriert sich schon immer auf die Förderung des regionalen indischen Films, was sich auch in diesem Jahr zeigte. In der Kategorie Indian Panorama (Spielfilm) wurden fünf Marathi-Filme gezeigt, was unter den regionalen Filmen auf dem Festival die höchste Anzahl war. Mehrere regionale Filme legten ihren Fokus auf die Bewahrung von Indiens volkssprachlichem Kulturerbe. Drei Filme aus Nordostindien beschäftigten sich mit verlorengegangenen Sprachen. Am meisten gesprochen wurde über In The Land ofPoisonWoman der National Award-Preisträgerin Manju Borah, der in dem vom Verschwinden bedrohten Pangchenpa-Dialekt gedreht wurde, sowie über Bohubritta des assamesischen Regisseurs UtpalDatta, der in einemeinzigartigen poetischen Stil gefilmt ist, und PradiKurbahsLewduh in Garo-/Khasi-Sprache.

Ich habe so viele wunderbare Momente in meinem Arbeitsleben erlebt, dass es schwierig ist, einen herauszupicken, ich habe mit so vielen tollen Menschen, tollen Regisseuren gearbeitet… Leute, geht raus und seht euch Filme an. Das ist eine gute Botschaft.

Isabelle Huppert
Französische Schauspielerin

Wir haben Erfahrung mit der Koproduktion von Filmen. Es macht Spaß, Erfahrungen mit verschiedenen Menschen auszutauschen. Auch wenn wir weit voneinander entfernt sind, gehören wir zu derselben Familie, die Filme versteht.

Goran Paskaljevic
Serbischer Filmregisseur, Despitethe Fog

Rückschau

Zwischen den 1950ern und den späten 1970er-Jahren war im indischen Kino ein Aufstieg einer neuen Liga von Regisseuren zu verzeichnen, deren Filme einen starken Kontrast zu den kommerziellen bildeten, was Story, Darsteller und Budget anging. Vertreter dieser Kategorie sind beispielsweise Mrinal Sen, AdoorGopalakrishnan, ShyamBenegalund Mani Kaul. Es wurde eine spezielle Rubrik geschaffen, „Retrospectiveofthenewwave in Indian Cinema“, in der 12 Filme von acht derartigen Regisseuren gezeigt wurden, die es gewagt hatten, an die Grenzen zu gehen. Was die Uraufführungen anging, so fanden 90 Filmpremieren in Indien statt, sechs weltweite Premieren und 11 Premieren in Asien, und es wurden außerdem drei von Live-Musik begleitete Stummfilme gezeigt. Und nicht nur das.

Eine kulturelle Veranstaltung auf dem IFFI 2019, bei der der Eröffnungsfilm für die 50. Ausgabe gezeigt wurde

In diesem Jahr wurde auch ein Filmproduktionswettbewerb mit dem Titel „Mini Movie Mania Short Film Competition“ eingeführt. Das Festival wurde immer nicht nur als Filmvorführungsplattform betrachtet, sondern auch als unabhängiges Forum für Diskussionen und den Austausch kreativer Ansichten. Mit der Teilnahme von Größen aus der internationalen kreativen Szene schaffte es das IFFI wieder, das Hauptziel des Kinofilms zu erfüllen: die Gesellschaft widerzuspiegeln, oder in den Worten von Satyajit Ray, „Das Rohmaterial des Kinos ist das Leben selbst“.

IFFI 2019: The winners

Links: PemaTsedenerhielt den Special Jury Award auf dem IFFI 2019 für seinen Film Balloon, der die Geschichte einer tibetischen Familie erzählt, die mit einem Erdbeben konfrontiert ist Rechts: Les Particules (oder Particles) unter der Regie von Blaise Harrison erhielt auf dem Festival den Golden Peacock.

Attraktionen vor Ort

Im Fokus

Russland war das ‚Land im Fokus‘ auf dem IFFI 2019, und acht Filme zeigten die cineastische Exzellenz und den Beitrag, den das Land für die weltweite Filmbranche leistet.

Der Filmemacher, der bei dem diesjährigen Festival im Mittelpunkt stand, war Takashi Miike. Er stammt aus Japan und zählt zu den weltweit besten Filmemachern. Miikes Repertoire erstreckt sich von dramatischen bis zu familiengeeigneten Filmen, die während des Festivals präsentiert wurden.

Ohne Worte

Stummfilme mit Live-Musik, ein Highlight des diesjährigen Festivals, war eine Kategorie, die speziell entwickelt wurde, um der einst beliebtesten Filmform Tribut zu zollen. In dieser Kategorie wurden drei klassische Stummfilme aufgeführt: Alfred Hitchcocks Erpressung, Sergei Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin und GW PabstsDie Büchse der Pandora.

Gajananan Khergamker

Gajanan Khergamker ist Redakteur, Jurist und Dokumentarfilmer und leitet den Think-Tank DraftCraft International. Er ist Gründer und Herausgeber von The Draft. Er schreibt im In- und Ausland über Recht, Diplomatie sowie internationale Politik und Angelegenheiten.
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