Die indische Toy Story
Indien hat eine reiche Tradition der Spielzeugherstellung. Bei der Eröffnung der ersten virtuellen Spielwarenmesse des Landes betonte Premierminister Narendra Modi die wichtige Rolle, die traditionelle indische Spielwaren bei der kindlichen Entwicklung spielen, und ermutigte die Hersteller traditioneller Spielwaren, ihr Handwerk fortzuführen. Wir stellen Ihnen einige weniger bekannte einheimische Spielwaren aus verschiedenen Landesteilen vor
„Das Beste, was ein Kind mit einem Spielzeug anstellen kann, ist, es kaputt zu machen“, glaubt Arvind Gupta, Wissenschaftler und Spieleerfinder, der den Padma Shri 2018 für seine besonderen pädagogischen Leistungen erhielt. Spielwaren sind ein untrennbarer Teil der Kindheit. Sie unterstützen bei der Entwicklung von kognitiven und Entscheidungsfähigkeiten eines Kindes. Die indischen Spielwaren, die es vermutlich schon vor 5.000 Jahren gab, dienen ebenfalls als Mittel, um ein Kind mit den vielfältigen Kulturen, Traditionen und Regionen des Landes vertraut zu machen. Als der indische Premierminister Narendra Modi die landesweit erste Spielwarenmesse vor kurzem virtuell eröffnete, betonte er die Bedeutung der einheimischen Spielwaren und Spielwarenhersteller. „Unsere [indischen] Spielwaren stehen für Wiederverwendung und Recycling, das zum indischen Lebensstil gehört. Die meisten indischen Spielwaren sind aus natürlichen und umweltfreundlichen Materialien hergestellt. Die dafür verwendeten Farben sind natürlich und gesund“, so PM Modi bei der Eröffnungsveranstaltung. Der Premierminister forderte in seiner Eröffnungsrede die Spielwarenhersteller auf, weniger Plastik und mehr recycelte Materialien in ihren Produkten einzusetzen.

Spielwaren sind von nationalem Interesse, und eine Nation, die die Herstellung einheimischer Spielwaren fördert, steht für Weiterentwicklung und Freude. In den meisten Ländern werden Spielwaren und Spiele heutzutage in Fabriken produziert, was zu globalem und massenhaftem Verbrauch und weiterer industrieller Entwicklung führt. Früher wurden Spielwaren und Spiele von Kindern, Familien und örtlichen Handwerkern entworfen und hergestellt – mittlerweile handelt es sich bei den meisten Spielwaren um Massenware. Allerdings gibt es immer noch einige wenige selbst-organisierte Kunsthandwerksektoren, die weiterhin in ihren Spielwarenherstellungstraditionen verhaftet sind und dabei ihre eigene individuelle Identität bewahren. Wir beschreiben einige weniger bekannte indische Spielwaren.
Kondapalli-Spielwaren
Die feinen holzgeschnitzten und von Hand bemalten Kondapalli-Spielwaren sind ein kulturelles Wahrzeichen von Andhra Pradesh und leiten ihren Namen von dem gleichnamigen Dorf ab, in dem sie vor mehr als vier Jahrzehnten erfunden wurden. Die Themen dieser wunderschönen und ausdrucksvollen Spielwaren reichen von legendären Transportlastern, Rikshas, Palkis (Sänften) und Ochsenkarren bis zu Episoden aus Hindu-Epen und -Mythologien und der Darstellung von ländlichem Leben, Tieren und Vögeln. Das Dasavatharam-Set (die zehn Avatare des Lord Vishnu) ist das raffinierteste und beliebteste Kondapelli-Spielzeug.
Asharikandi-Terrakottapuppen
Das Dorf Asharikandi ist bekannt für seine legendären Terrakottapuppen und liegt versteckt im Distrikt Dhubri in Assam. Die Handwerker in Aharikandi stellen mithilfe traditioneller Werkzeuge geschickt Figuren örtlicher Gottheiten, Tiere, Vögel und auch Alltagsgegenstände her. Eine der berühmtesten und beliebtesten Asharikandi-Terrakottapuppen ist die Hatima-Putul (Putul bedeutet auf assamesisch Puppe). Sie ist ein kulturell bedeutsames Symbol und stellt eine Mutter mit verlängertem Gesicht und elefantenähnlichen Ohren dar, die ein Kind im Arm oder auf dem Schoß hat oder bei manchen Ausführungen ein Kind auf einer Seite und eine Pradipani (Tonlampe) auf der anderen.

Channapatna-Spielwaren
Diese hübschen, legendären Spielwaren stammen aus dem Städtchen Channapatna in Karnataka. Ihr Ursprung lässt sich bis auf die Herrschaft von Tipu Sultan (1782-1799), einem berühmten südindischen Herrscher, zurückverfolgen. Traditionell wurden diese haltbaren Spielwaren aus Ebenholz hergestellt, im Lauf der Jahre kamen jedoch auch Hölzer von Gummibaum, Bergahorn, Sandelholz, Teakbaum und Pinie hinzu. Minutiös geschnitzt und glänzend lackiert, haben einige dieser Spielwaren auch einen pädagogischen Zweck. Die Handwerker in Channapatna, das auch als Gombegala Ooru oder ‚Spielwarenstadt‘ bekannt ist, erschaffen Züge und Schaukelpferde neben nützlichen Objekten wie Stifthaltern und Kerzenständern.
Thanjavur-Puppen
Das besondere Kennzeichen von Thanjavur-Puppen ist ihr wackelnder Kopf, weshalb sie auf tamilisch auch Thanjavur thalayatti bommai (Thanjavur-Wackelkopfpuppen) heißen. Die aus der Stadt Thanjavur in Tamil Nadu stammenden Puppen werden mit Materialien wie Ton, Marmor und Wachs von Hand modelliert und stellen Bharatanatyam- und Kathakali-Tänzer dar. Häufig sieht man auch Stehaufmännchen in Paarform als König und Königin, was die königlichen Dynastien symbolisiert, die in Thanjavur herrschten. Die besonderen Kennzeichen dieser Spielwaren sind derart ausgeprägt, dass sie 2008 die GI-Kennzeichnung für geografische Herkunft erhielten.

Natungram-Puppen
Aus Natungram, einem Dorf im Distrikt Burdwan in Westbengalen, stammt ein weiteres einheimisches Holzschnitzspielzeug, benannt nach dem gleichnamigen Dorf. Die Natungram-Puppen gehen auf die Bhakti-Bewegung zurück, die in Bengalen im 15. und 16. Jahrhundert florierte. Zwar reicht die Palette von Figuren von Lord Krishna und seiner Gefährtin Radha bis hin zu Soldatenpuppen, inspiriert durch das damalige Königreich Burdwan, allerdings ist das beliebteste Produkt das legendäre Eulenpaar. Indische Spielwaren sollen nicht nur unterhalten, sondern haben auch einen pädagogischen Zweck. Die von PM Modi geführte Regierung lässt nichts unversucht, um die Beliebtheit indischer Spielwaren zu steigern, und ermutigt das örtliche Handwerk, sein künstlerisches Erbe fortzuführen. Spielwaren gehören zu den 24 Fokussektoren, in denen Indien autark werden und seine Importe reduzieren möchte. Aus diesem Grunde hat das Land die Importzölle auf Spielwaren von 20 Prozent in 2020 auf 60 Prozent erhöht und einen Qualitätskontrollprozess eingeführt, wonach alle Spielwaren und Materialien für Kinder unter 14 Jahren durch das Bureau of Indian Standards zertifiziert werden.Mit der Unterstützung von Regierung und Institutionen wie dem National Institute of Design wird die indische Spielwarenindustrie nicht nur weiter florieren, sondern auch die Visionen des Premierministers, ‚Aatmanirbhar Bharat‘, ‚Make in India‘ und ‚Vocal for Local‘, stützen.