Kuche

Leckerbissen der traditionellen indischen Küche

Heft 04, 2021

Leckerbissen der traditionellen indischen Küche

Ranveer Brar |Autor

Heft 04, 2021


Sei es das Dämpfen (Dum), das kurze Frittieren (Tadka/Baghar), Räuchern (Dhungar) oder Dünsten (Bhunao) – der berühmte Koch Ranveer Brar erläutert einige typisch indische Zubereitungsmethoden

Zubereitungstechniken sind genauso faszinierend wie Küche und Kultur, ob in Indien oder im Ausland. Während einige Techniken einheimisch sind und sich im Lauf der Jahre durch sozio-geografische Einflüsse weiterentwickelt haben, entstanden andere durch multikulturelle Einflüsse. In Indien konzentrieren sich traditionelle Zubereitungsmethoden nicht nur auf die Verbesserung des Geschmacks eines aromatischen Gerichts, sondern auch auf die Bewahrung der Nährstoffe der Lebensmittel. Die Köche an den Königshöfen experimentierten traditionell in vielfältiger Weise mit Lebensmitteln. Vom Slow Cooking, dem Grillen, kurzen Frittieren, Räuchern und Rösten bis hin zum Dämpfen – die Methoden waren variantenreich und individuell. Nachfolgend werden einige dieser traditionellen Zubereitungsmethoden beschrieben, die wieder zum Leben erweckt und verbreitet praktiziert werden.

Die aromatischste Zubereitungsmethode von Biryani (Reis-Fleischgericht) ist das Dämpfen (Dum)

Dum

Der letzte Herrscher des Königreichs Awadh, Nawab Wajid Ali Shah, soll einst einige persische Händler beim Dämpfen (‚Dum‘) ihrer Lebensmittel beobachtet haben. Diese Technik des Garens im Dampf wurde in Lucknow schnell aufgegriffen und perfektioniert, indem die Form des Gargefäßes optimiert wurde. Mithilfe von Dum, was auf persisch „Atmen“ bedeuten soll, wird das Essen im Grunde in seinem eigenen Dampf gegart. Dies funktioniert wissenschaftlich betrachtet durch Rotation, das heißt, heiße Luft muss in einem Gefäß zirkulieren. Damit das Essen mittels dieser Zirkulation gleichmäßig gegart wird – meistens das Fleisch-Reisgericht Biryani – werden glühende Kohlen auf und unter dem Gefäß platziert. Zwar stammt das Konzept aus dem Ausland, jedoch wurde genau diese Technik in Lucknow perfektioniert. Aufgrund dieser gleichmäßigen Zirkulation sind Geschmack und Aroma von „dum-gegarten“ Lebensmitteln auch heute noch etwas Besonderes.

Tadka

Das Konzept des kurzen Frittierens unterscheidet sich in Asien vom westlichen Konzept: dort geht es eher um das Ausbalancieren oder Stabilisieren der Zutaten, insbesondere bei verarbeiteten Lebensmitteln. In der asiatischen Küche dient das Kochen von Gewürzen in heißem Fett der Geschmacksverbesserung eines Gerichts. Bei jedem schmackhaften Gericht, egal wo im Land es zubereitet wird, müssen normalerweise verschiedene Zutaten zu einem bestimmten Zeitpunkt, in einer bestimmten Reihenfolge und Menge hinzugefügt und eine bestimmte Zeit gegart werden, bevor die Hauptzutaten hinzukommen. Oder die frittierten Zutaten werden dem zubereiteten Gericht direkt hinzugefügt. Einige Gerichte beginnen mit einer Tadka, während es für andere den Abschluss darstellt. Die meisten Gujarati Farsaans (Snacks) sind exzellente Paradebeispiele dafür. Bei meiner Arbeit mit Munir Ustad, einem berühmten Kebab-Koch aus Lucknow, wurde mir die Bedeutung von ‚Tahseer‘ klar, einem Konzept, das ehemals von Köchen aus Lucknow erdacht worden war. Es geht darum, die Zutaten auszubalancieren und die Eigenschaften einer Zutat durch die Eigenschaften einer anderen zu neutralisieren. So helfen beispielsweise Kreuzkümmel, Zimt und Asant bei der Verdauung, und Senfsamen sind exzellent für die Herzgesundheit und erleichtern Muskelschmerzen. Das einfache Hinzufügen von Fett dient beim Kochen dazu, den Geschmack und die Nährstoffvorzüge der Gewürze zu verbessern.

Slow Cooking / Garen im Tontopf

Slow Cooking über einen langen Zeitraum, insbesondere in Tontöpfen, ist untrennbarer Bestandteil unserer Küche. Ob es sich um Sarson Ka Saag oder Urad Dal handelt, die im Punjab in „Taudis“ gekocht werden, um die Fisch-Currys in den „Kundlems“ der örtlichen Dhabas in Goa (oder in Bicholim Taluka), oder den Malwan-Fisch und die syrisch-christlichen Fisch-Currys, die am nächsten Tag hervorragend schmecken, wenn sie das Aroma des Chatti, in dem sie gekocht wurden, angenommen haben – der Geschmack von langsam im Tontopf zubereiteten Gerichten ist einzigartig. Bei dieser Methode wird das Gericht über einen längeren Zeitraum bei relativ kleiner Hitze gegart. Damit verlangsamt sich auch der Nährstoffverlust von Lebensmitteln, der während des Garens stattfindet.

Dhungar

Bei der Dhungar-Technik des kurzen, kalten Räucherns von Kebabs wird ein fast verbranntes Stück Kohle in eine Schüssel gelegt und kaltes Ghee (geklärte Butter) darüber geträufelt. Zur Geschmacksverbesserung werden auch einige Gewürze hinzugegeben. In diese Schüssel wird dann mariniertes Fleisch (oder heutzutage sogar Hüttenkäse und Gemüse) gelegt und sie wird mit einem Deckel verschlossen, damit der Rauch gleichmäßig von dem Gericht aufgenommen wird. Das weltberühmte Galavat ke kebab wäre beispielsweise nicht so berühmt ohne die subtile Räuchernote der Nelken und des Desi Ghee, was dem Hackfleisch in der Ruhephase beigefügt wird. Burrani Raita und Murgh Awadhi Korma sind zwei weitere Gerichte, deren Geschmack sich durch dieses einzigartige Verfahren erheblich verbessert. Die ideale Kombination des Räucheraromas mit Joghurt ist in der Mewar-Region in Rajashtan kein Geheimnis, in der exquisit ausgewogene geräucherte Chhaas zubereitet werden. Unsere Beziehung zum Essen ist die Erweiterung unserer Beziehung zu allen Aspekten des Lebens. Was für das Leben gilt, gilt auch für das Kochen. Es ist wichtig, „ganz bei sich“ zu sein. Einfach ausgedrückt, muss man den Gerichten die Zeit geben, die sie brauchen; man muss ihnen ihre Eigenheiten lassen. Traditionelle indische Zubereitungstechniken sind mit faszinierenden wissenschaftlichen Aspekten verbunden. Daher überrascht es nicht, dass heutzutage viele Menschen zu ihren Wurzeln zurückkehren, sowohl bei den Gar- wie auch bei den Zubereitungsmethoden.

Die Dhungar-Technik ist uralt. Heute wird sie jedoch auch für Gemüsegerichte verwendet. Hier Paneer Ghee Roast Masala mit Roti (Fladenbrot)

Ranveer Brar

Ranveer Brar ist ein Starkoch und eine bekannte Persönlichkeit aus Fernsehen und digitalen Medien. Er ist auch ein Masterchef India-Juror, Autor, Gastronom und Lebensmittelfilmproduzent. Er hat Restaurants in Indien und im Ausland gegründet und die Speisekarte von vielen weiteren kuratiert.
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