Samen für das Wohlbefinden
Diese winzigen Nährstoff- und Geschmacksbomben werden in der indischen Küche schon seit Ewigkeiten verwendet. Heute werden sie als Superfood neu entdecked. Erfahrene Köche berichten über ihre Erkenntnisse
Ein Löffel Kürbissamenpaste ins Curry. Ein paar Basilikumsamen auf die Limonade. Etwas Mohnsamenpulver in die Pasta. Schwarzkümmelsamen im Brot… Die Liste ist endlos. Geröstet, gemahlen oder gequollen: einheimische Samen sind seit Ewigkeiten integraler Bestandteil der indischen Küche. Jetzt beschäftigen sich Chefköche und Ernährungswissenschaftler intensiver mit ihrer Verwendung und den gesundheitlichen Vorzügen. Der berühmte Koch Sabyasachi Gorai (kulinarischer Direktor, Grid), der seit über einem Jahrzehnt mit Samen arbeitet, nennt sie „Meister der Geschmackserzeugung“. Die Ernährungswissenschaftlerin Kavita Devgan bezeichnet sie als Nährstoffbomben. „Typische Samen aus Indien sind großartige Quellen für Nährstoffe wie Fasern und Mineralien. Sie enthalten außerdem gesunde, mehrfach ungesättigte Fette und Vitamine. Sie sind leicht zu beschaffen und zu konsumieren und ergänzen Gerichte auf aromatische Weise“, erläutert Devgan.

Vielfalt und Vielseitigkeit
Chefkoch Sharad Dewan vom Park Hotel in Kolkata, der sich dafür engagiert, die Verwendung Samen in der experimentellen indischen Küche zu fördern, meint: „Der Vorteil von Samen liegt nicht nur in der Vielseitigkeit ihres Geschmacks und ihrer Textur, durch die sie integraler Bestandteil unserer Küche geworden sind, sondern auch in ihren Nährwerten.“ Er erklärt, dass Samen nicht nur als Garnitur oder Paste verwendet werden müssen, sondern auch bei alten und neuen Gerichten eine spannende Alternative sein können.
Die Ernährungstherapeutin Sveta Bhassin erklärt, dass Samen tatsächlich eine notwendige Fett- und Proteinquelle darstellen, die viel effektiver wirkt als Nahrungsergänzungsmittel. Kein Wunder also, dass bei den meisten alten indischen Rezepten eine relativ hohe Menge an Samen in den verschiedenen Zubereitungsstufen hinzugefügt wurde. Til ke laddoo (süße Sesamsamenbällchen) sind hierfür ein gutes Beispiel. Dieses uralte Dessert wird im Winter serviert, um den Körper warm und den Darm fit zu halten und so saisonale Krankheiten abzuwehren. Traditionell wurden Ajwain (indischer Kümmel) und Schwarzkümmelsamen hinzugefügt, um Rotis (gebackenes indisches Fladenbrot) knuspriger zu machen und den Darm gesund zu halten. Die Praxis des Hinzufügens von Chaar Magaz (eine Mischung aus Kürbis-, Zuckermelonen-, Wassermelonen- und Gurkensamen) zu einem Curry geht ebenfalls auf diesen Gedanken zurück.
„Samen können verwendet werden, um alle Geschmackselemente zu erzeugen. Schwarzkümmel beispielsweise verleiht einen bitteren Geschmack, Fenchel eher einen süßen, Sesam ist reich an Ölen und Senf scharf. Koriander kann sowohl süß als auch pikant verwendet werden und passt wunderbar zu geschichtetem Brot wie Taftan“, meint Akshraj Jodha, Küchenchef im ITC Windsor Bengaluru. Dasselbe gilt für Alsi oder Teesi (Leinsamen), das sowohl Knusprigkeit als auch eine bittersüße Note verleiht.
Ein weiteres Beispiel für den wundersames Einsatz von Samen sind die Rote-Beete-Tacos, serviert mit Amaranth-Samen, des Chefkochs Vikas Seth aus Bengaluru. „Das Hinzufügen von Samen zu einem Gericht schafft nicht nur einen Kontrast, was Aussehen und Geschmack angeht, sondern hebt auch den Geschmack“, erklärt Seth.
Nährwerte
Jodha erläutert, dass Samen nicht nur hinzugefügt wurden, um ein Gericht reichhaltiger zu machen. „Es ist ein Irrtum, dass Chaar Magaz die Alternative des armen Mannes zu Cashew-Paste war. Diese Samen nehmen Mineralien und Vitamine auf und enthalten gesunde Fette“, so Jodha. Chefkoch Shantanu Mehrotra vom Restaurant Indian Accent bevorzugt die Verwendung von Samen in der Alltagsküche. „Nehmen wir beispielsweise den indischen Kümmel. Weil er die Verdauung unterstützt und ein einzigartiges Aroma veleiht, wird er immer noch verwendet“, sagt Mehrotra.
Die richtige Verwendung
Chefkoch Balpreet Singh Chadha, kulinarischer Direktor im AnnaMaya in Delhi, erklärt, dass in den meisten kulinarischen Kulturen, einschließlich der indischen, Samen normalerweise roh, leicht geröstet oder optimalerweise in Form einer leichten Sauce konsumiert werden. Chefkoch Jodha meint, dass Samen am Ende hinzugefügt werden und gerade nur so lange mitgedünstet werden sollten, dass die Hitze das Aroma freisetzt und die Nährstoffe aktiviert. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist das Rezept für Safed Maas, ein Lammgericht, bei dem Chaar Magaz-Paste am Ende hinzugefügt wird, um für ein reichhaltiges Aroma zu sorgen. Die Paste wird laut ihm hergestellt, indem Chaar Magaz in Wasser eingeweicht wird und zu einer groben Paste zermahlen wird. Auf diese Technik folgt dann Chadha, um Suji Ka Halwa (Grießpudding) ein bestimmtes Sesamaroma zu verleihen, oder Sharad bei der Herstellung seiner beliebten Kürbissamen-Raita (Joghurtspeise) für Kürbis-Haleem (ein Lammgericht).
Die Tatsache, dass Samen ein Teil des kulinarischen Erbes Indiens sind, erleichtert den heutigen Köchen die Verwendung. Chefkoch Megha Kohli vom Restaurant Lavaash By Saby, meint: „Ich habe das Kochen mit Samen schon als Kind gelernt und verwendete sie gerne als Garnitur, ohne zu wissen, wie man sie zu einem Gericht hinzufügen kann. Erst als die Verwendung von Samen beliebter wurde, konnte ich sie nutzen, um interessante Gaumenkitzel zu erzeugen. Im Restaurant verwenden wir Samen nicht nur, um unsere Gerichte zu bereichern, sondern auch um die Eigenschaften eines Gerichts wie Matnakash Claypot Bread (weiches, rustikales, aromatisiertes Brot) zu akzentuieren, das mit Chironji- (Almondette-)Samen hergestellt wird.“
Da Chefköche die Vorzüge entdecken, sich tiefer mit den Wurzeln der indischen Küche zu beschäftigen und die einzigartigen gesundheitlichen Vorteile der Inhaltsstoffe entdecken, gelten einheimische indische Samen jetzt als die neuen Helden für natürlichen Geschmack und Wohlbefinden.