Indien als Gewürzdose der Welt
Duftend, aromatisch und mit zahlreichen gesundheitlichen Vorzügen gesegnet – indische Gewürze sind einzigartig. Einige darunter sind berühmt und andere werden selten verwendet. Der berühmte Koch und Padma Shri-Preisträger Sanjeev Kapoor beschreibt einige weniger bekannte indische Gewürze
Indien ist wegen unzähliger Aspekte berühmt, wozu auch seine Traditionen, sein reiches Vermächtnis und die diversen kulinarischen Stilrichtungen zählen. Ausländer interessieren sich sehr für die „geheimen“ Zutaten, die indische Gerichte so einzigartig aromatisch machen. Häufig wird jedoch übersehen, dass es die einheimischen Gewürze sind, die das indische Essen so unwiderstehlich machen. Wenn wir von Gewürzen sprechen, so haben alle Haushalte in Indien etwas gemeinsam, nämlich eine Masala Dabba (Gewürzbox). Und auch wenn diese Gewürze nur als Chutkis (Prisen) hinzugefügt werden, sind sie von zentraler Bedeutung, wenn es darum geht, ein Essen von schmackhaft in köstlich zu verwandeln. Abgesehen vom wundervollen Aroma und Duft bieten indische Gewürze aber auch noch medizinische und immunabwehrsteigernde Eigenschaften. Seit Generationen verwenden die Inder traditionell allgemein verfügbare Zutaten, um gesunde Getränke wie beispielsweise Kadha (ein heilsames ayurvedisches Getränk mit Kräutern und Gewürzen) und Haldi Doodh (Kurkuma-Milch) zuzubereiten und so Erkältungskrankheiten auszukurieren.In die Masala Dabbas gehören im ganzen Land beliebte Gewürze wie Jeera (Kreuzkümmel), Saunf (Fenchelsamen), Sarson (Senfkörner) and Methi (Bockshornklee). Aus diesem Grunde erläutern wir hier einmal die weniger bekannten Gewürze aus verschiedenen Landesteilen.
Raja mircha
Raja Mircha, auch Ghost Pepper, Naga Chili oder Bhut (Bhoot) Jolokia genannt, ist im nordöstlichen Teil Indiens sehr beliebt. In das Guinness Buch der Rekorde wurde es im Jahr 2007 als schärfstes Chili der Welt aufgenommen. Am besten schmeckt es frisch gepflückt. Eine beliebte Zubereitungsart ist das Einlegen in Öl, Salz und Pfeffer. Ein Teehersteller aus Guwahati hat Experimente damit durchgeführt und stellt nun einen Bhut Jolokia-Tee her. Der maßvolle Verzehr soll den Blutkreislauf und die Verdauung verbessern, den Blutdruck senken und den Stoffwechsel ankurbeln.

Kalpasi
Kalpasi, auch Daagar Ka Phool, Patthar Ka Phool oder Black Stone Flower genannt und das tamilische Wort für Flechten, ist ein besonderes, aber seltenes Gewürz, das die Verdauung unterstützt, Entzündungen mindert und Schmerzen lindert. Es wird hauptsächlich in der Küche von Maharashtra und Chettinad (Tamil Nadu) verwendet. Seine Oberfläche ist dunkelgrün oder schwarz und es verfügt über ein starkes, erdiges Aroma. Man fügt es zu beliebten einheimischen Gewürzmischungen hinzu, wie Kala Masala und Goda Masala in Maharashtra und Potli Masala in Hyderabad.

Lakadong- und Salem-Kurkuma
Kurkuma bzw. Haldi ist vermutlich das gebräuchlichste Gewürz in Indien. Es ist reich an Kurkumin, das über antioxidative, entzündungshemmende und immunabwehrsteigernde Eigenschaften verfügt. Als die zwei besten indischen Kurkuma-Arten gelten Lakadong aus Meghalaya und Salem aus Tamil Nadu. Dieses bescheidene Superfood hat seinen Weg aus der traditionellen indischen Küche in die globalen Food-Hotspots gefunden und Eingang in zahlreiche internationale Rezepten gefunden, wie marokkanischer Pastilla (gewürztes Fleisch und Aprikosen, in Filoteig gehüllt), Kiri Hodi aus Sri Lanka (getrockneter maledivischer Fisch, in Kokos-Sauce gekocht) und der extrem beliebten Kurkuma-Milch.

Radhuni
Ein Gewürz, das einen besonderen Platz in der bengalischen Küche innehat, im Rest des Landes aber weitgehend unbekannt geblieben ist: Radhuni wird aufgrund seines ähnlichen Aussehens häufig mit Ajwain (Königskümmel) verwechselt. Es handelt sich um wilde Selleriesamen, die unbedingt zum berühmten bengalischen Paanch Phoron gehören – ein traditionelles Fünf-Gewürze-Pulver, das aus Schwarzkümmel, Senfkörnern, Fenchelsamen, Bockshornklee und Radhuni besteht. Dieses einheimische Gewürzt wirkt verdauungsfördernd sowie schmerz- und entzündungshemmend.

Ratan jot
Die Alkanet-Wurzel oder Ratan Jot ist ein typisches nordindisches Gewürz, insbesondere in Jammu und Kaschmir und Himachal Pradesh. Es handelt sich um ein Gewürz aus der Borretsch-Pflanzenfamilie, deren Wurzeln eine einzigartige rote Farbe produzieren, die dieses Gewürz so berühmt gemacht hat. Das Aroma ist eher erdig als würzig. Rogan Josh, das klassische Fleischgericht aus Kaschmir, erhält seine rote Farbe durch dieses Gewürz. Es wird außerdem seit jeher als Medizin für die Behandlung von Infektionen, Wunden, Ausschlägen, Verbrennungen und anderen gesundheitlichen Problemen verwendet.

Kudam Puli
Kudam Puli oder Malabar-Tamarinde ist in Südindien ein beliebtes Säuerungsmittel und wird häufig als Ersatz für die reguläre Tamarinde verwendet. Ihr Aussehen ähnelt dem von Kokum, sie hat jedoch ein starkes rauchiges Aroma und wird zu vielerlei Fisch-Currys hinzugefügt, weswegen sie auch als ‚Fisch-Tamarinde‘ bezeichnet wird. Dieses Gewürz soll nicht nur bei Diäten unterstützen, sondern auch die kardiovaskuläre Gesundheit fördern und belebend wirken.
Khus
Ein weiteres Juwel aus der indischen Gewürzkiste ist Khus oder Vetivergras, das im Sommer aus indischen Haushalten nicht wegzudenken ist. Khus Sharbat (ein Getränk) ist im Sommer wegen seiner erfrischenden Wirkung sehr beliebt. Gemäß Ayurveda kühlt das ‚Wundergras‘ Khus den Körper und stellt einen guten Blutkreislauf sicher. Khus stärkt darüber hinaus die Immunabwehr und unterstützt bei Schilddrüsenstörungen und Diabetes.Indische Gewürze bieten mehr als nur Duft und Aroma. Sie sind auch eine Schatzkiste für das Wohlbefinden. Auch wenn sie sich geschmacklich, in der Schärfe und Verwendung innerhalb der einzelnen Landesteile unterscheiden, wäre die indische Küche insgesamt ohne sie unvollständig.