Wissenschaft & Technologie

Indien bekommt sein eigenes Mini-Weltraumlabor!

Heft 02, 2019

Indien bekommt sein eigenes Mini-Weltraumlabor!

Pallava Bagla |Autor

Heft 02, 2019


Es ist kein Scherz, aber genau am 1. April 2019 erhielten Indien und die Welt ihr erstes ‚Mini-Weltraumlabor‘! Es war die 47. Mission von Indiens ‚Arbeitspferd‘-Rakete, der Trägerrakete Polar Satellite Launch Vehicle (PSLV), und eine der innovativste...

Es ist kein Scherz, aber genau am 1. April 2019 erhielten Indien und die Welt ihr erstes ‚Mini-Weltraumlabor‘! Es war die 47. Mission von Indiens ‚Arbeitspferd‘-Rakete, der Trägerrakete Polar Satellite Launch Vehicle (PSLV), und eine der innovativsten und neuartigsten Missionen, durch die Indien in einer Umlaufbahn in 485 km Höhe im Weltraum ein schwebendes Labor erhielt. Dies war außerdem die erste 3-in-1-Mission, bei der die Indian Space Organisation (ISRO) die Verwendung einer Einzelrakete optimierte, um drei verschiedene Orbits anzusteuern. Die 320 t schwere, fast 44 Meter lange Rakete hatte als Hauptpassagier den 436 kg schweren EMIsat dabei, einen Satelliten, der für elektromagnetische Spektrumsmessungen gedacht und hauptsächlich für die Defence Research and Deveopment Organisation hergestellt worden war. Außerdem wurden 28 kleine Satelliten aus den USA, der Schweiz, Litauen und Spanien mittransportiert, wozu auch 20 Flock-4A-Satelliten und vier Lemur-Satelliten von Planet Labs in Kalifornien gehörten. Die Satelliten wurden in drei verschiedenen Umlaufbahnen platziert. So wurden mit nur einem Start dreifache Vorteile erreicht. Nach der erfolgreichen Mission gratulierte der ISRO-Vorsitzende Dr. K. Sivan den Teams, die in die Trägerraketen- und Satellitenmission involviert waren, mit den Worten: „Die heutige PSLV-Mission war in mehrerlei Hinsicht einzigartig. Es war eine neue Four-Strap-On-Variante, die Rakete erreichte drei verschiedenen Umlaufbahnen und erstmal wird die PS4-Stufe von Solar Panels angetrieben.“

Die PSLV-C45 Kern- (erste) Stufe mit 4 Strap-Ons im Vehicle Assembly Building

Dies war eine lange dreistündige Mission und am Ende des Marathons platzierte die PSLV ‚Indiens schwebendes Mini-Labor‘ im Orbit in praktischer Schwerelosigkeit. Hierfür baute die ISRO die letzte Stufe der Rakete, PS4, in eine vollwertige Raumstation um. Üblicherweise verwandelt sich die letzte Stufe der Rakete nach dem Start in Weltraummüll, aber die ISRO entschied, ihr Leben um einige Wochen zu verlängern und schuf ein Weltraumlabor. Die PS4, die auf einer Umlaufbahn in 485 km Höhe kreist, ist mit Solar Panels und Funkausrüstung ausgestattet, und drei Nutzlasten bzw. Mini-Satelliten wurden an der Raketenstufe angebracht. Die von der PS4 transportierten Nutzlasten sind das automatische Identifikationssystem der ISRO, das Automatic Packet Repeating System von AMSAT, Indien, sowie ein Advanced Retarding Potential Analyzer für ionosphärische Untersuchungen des Indian Institute of Space Science and Technology. Dies alles sind experimentelle Nutzlasten, die den Forschern die Möglichkeit bieten, zukünftige Technologien im All zu testen.

Die voll integrierte PSLV-C45 auf dem mobilen Startpodest bei der Ausfahrt aus dem Vehicle Assembly Building

Sivan erklärte, dass die PSLV C-45 Mission etwas Besonderes war, da die PSLV erstmals eine Drei-Orbit-Mission auf einem einzigen Flug absolvierte. Zunächst war der Hauptsatellit auf 784 km Höhe entlassen worden, dann reduzierte die PS4 zwei Mal den Orbit auf 504 km, wo die 28 Kunden-Satelliten entlassen wurden, und anschließend wurde die PSLV erneut gezündet und die PS4 reduzierte die Umlaufbahn auf 485 km Höhe, wo nun die PSV als Raumstation dient. Nur wenige Länder haben bisher versucht, verbrauchte Raketenstufen nochmals zu verwenden, erklärt Sivan, und weiter: „Dies bietet Start-Ups und Universitätsforschern neue Möglichkeiten für optimale weltraumgeeignete Nutzlasten. Des Weiteren müssen die Nutzer sich nicht bemühen, vollwertige Satelliten herzustellen; sie müssen lediglich ihre Weltraumexperimente durchführen und der Rest wird komplett von der ISRO erledigt. Dies eröffnet eine neue Ära für preiswerte, aber effektive Weltraumforschung durch die Nutzung von Indiens innovativem Mini-Weltraumlabor.“

Pallava Bagla

Pallava Bagla ist ein in Neu-Delhi ansässiger Wissenschaftsjournalist und Mitautor des Bestseller-Buches "Reaching for the Stars: Indiens Reise zum Mars und darüber hinaus" von Bloomsbury. Er kann über Pallava.bagla@gmail.com oder über Twitter @pallavabagla erreicht werden.
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