Fusion Beats
Der Tradition der indisch-westlichen Fusion-Musik folgend, in der indische Musikinstrumente mit ausländischen Musikgeräten kombiniert werden, erschaffen Musiker ein komplett neues Genre namens Elektromusik. Hier geben wir Einblicke in die wachsende Beliebtheit dieser Musikform
Das Genre der indisch-westlichen Fusion-Musik, bei dem Stücke mit einem traditionellen indischen Instrument und einem ausländischen Musikgerät gespielt werden, existiert schon seit einiger Zeit. Im Juni 1966 versammelte sich das Publikum im Recreation Ground im britischen Bath und lauschte einem Duett des verstorbenen indischen Sitar-Virtuosen Pandit Ravi Shankar und des amerikanischen Geigen-Maestros Yehudi Menuhin. In 2007 folgte das Grammy-preisgekrönte Album Global Drum Project, in dem Beats des indischen Tabla-Spielers Zakir Hussain mit denen des amerikanischen Schlagzeugers Mickey Hart und anderer internationaler Musiker kombiniert wurde.
Im Lauf der Zeit entwickelt sich Musik weiter, ebenso wie die indische Wahrnehmung von Fusion-Kompositionen. Während klassische Kooperationen weiterhin das Publikum in aller Welt bezaubern, ist eine neue Form von musikalischen Kombinationen entstanden – die der elektronischen oder Elektro-Musik, wobei die Melodien klassischer indischer Instrumente mit elektronisch produzierten Klängen kombiniert werden. Dieses Genre findet nun im großen Maßstab Eingang in die Mainstream-Musik.

Große Effekte durch Indien
Im Jahr 1969 brachte die klassische indische Musikerin Gita Sarabhai den Moog-Synthesizer mit nach Indien. Der Moog gehörte zu den weltweit ersten kommerziellen Synthesizern und ermöglicht die Erzeugung modularer Sounds durch vielfältige Module wie Filter, Oszillatoren etc. Das National Institute of Design (NID) in Ahmedabad war unter den ersten Empfängern in Indien.
In den folgenden vier Jahren erschufen die Toningenieure im Electronic Music Studio des NID phänomenale Musik. Diese Melodien, die als eine der ersten Werke des minimalen Techno und der elektronischen indischen Musik gelten, wurden auf Band aufgenommen, für die akademische Welt gespeichert und schließlich vergessen, um von dem indischen Musiker Paul Purgas, der in Großbritannien lebt, im Jahr 2017 wiederentdeckt zu werden.
Eines der ersten Alben, auf dem indische Ragas auf einem Synthesizer gespielt und mit Maschinenrhythmen unterlegt wurden, war Ten Ragas to Disco Beat, das Charanjit Singh, ein Bollywood-Musiker, in 1982 aufnahm. In den folgenden 20 Jahren fanden indische Instrumente wie Sitar, Tabla und Bansuri ebenso wie indischer Gesang Eingang in elektronische World Music-Experimente.
Electronica Indica
Der nachklingende Beat der Tabla wurde von Talvin Singh, einem Musikproduzenten indischer Abstammung aus Suffolk, elektronisch umgesetzt. Singh, einem ausgebildeten Tabla-Spieler, wird die Erschaffung eines heutzutage beliebten Musik-Teilgenres, Asian Underground, zugeschrieben, was zum Aufstieg von Britpop und der Bhangra-Musikszene in GB führte. Sein Debütalbum OK gewann im Jahr 1999 den angesehenen Mercury Musikpreis. Singhs wachsende Popularität in den späten 1990ern markierte den Beginn einer neuen Elektrosound-Welle.

Im 21. Jahrhundert entwickelte sich schließlich Indiens eigene Elektromusikszene mit Festivals wie SuperSonic, Magnetic Fields und Enchanted Valley Carnival, die nicht nur im Land organisiert wurden, sondern an denen auch internationale Elektromusikkünstler teilnahmen.
In den letzten zehn Jahren verzeichnet Indien aufgrund der weltweiten Aufmerksamkeit einen bemerkenswerten Anstieg an Studios, die sich damit beschäftigen, mit elektronischen Sounds zu experimentieren und sie zu erzeugen. Heute ist dieses neue Musikgenre eine Multi-Millionen-Dollar-Industrie. Zahlreiche Künstler wie Vishal Malik (OMA) und Udyan Sagar (Nucleya) haben eine Nische für indische Elemente in der weltweiten Elektronikmusik geschaffen.
Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit
Indiens Einflüsse auf die weltweite Musik sind weitreichend, sei es im Bereich Klassik-Fusion oder bei indisch-westlichen Kooperationen. Bei elektronischer Musik ist der Einfluss noch umfassender. Viele berühmte internationale DJs wie TroyBoi, Marshmello, Deadmau5, Tiesto und der verstorbene Avicii haben indische Musikelemente in vielen Kompositionen verwendet. Diese Verbindungen sind organisch gewachsen, und der Aufstieg der indischen Plattenlabels hat der elektronischen Musik in Indien gleichzeitig auch zu mehr Popularität verholfen.

Während sich die Welt langsam an die neuen Normen soziokultureller Erlebnisse inmitten der aktuellen Pandemie anpasst, wird erwartet, dass die indische Musik – seien es gefeierte indische Klassikstimmen, begleitet von traditionellen Instrumenten wie Tabla und Sitar, oder das neue Genre der Elektromusik – in der globalen Community dasselbe Maß an Wertschätzung erfährt. Bis dahin warten wir geduldig und bereiten uns darauf vor, endlich wieder neue Beats erleben zu dürfen!