Freunde im Osten
Indiens Act East-Politik konzentriert sich auf die erweiterte Nachbarschaft in der asiatisch-pazifischen Region. Diese Politik – ursprünglich als Wirtschaftsinitiative entwickelt – hat eine neue politische, strategische und kulturelle Dimension erhalten, wie der ehemalige Botschafter Anil Wadhwa anhand der jüngsten Veränderungen erläutert
Indien führte zu Beginn der 1990er die Look East-Politik ein, die in 2015 in die Act East-Politik umgewandelt wurde und einem doppelten Zweck dienen sollte: Stärkung der Handelsbeziehungen mit der Region und anderen indopazifischen Ländern sowie Schaffung von Entwicklungsmöglichkeiten für den Nordosten Indiens. Die drei Cs für Commerce, Culture und Connectivity (Handel, Kultur und Konnektivität) sind die Säulen der indischen Act East-Politik. Im Lauf der Jahre hat Indien im Hinblick auf die ASEAN (AssociationofSoutheast Asian Nations) und damit verwandte Strukturen wie ARF (Asean Regional Forum), EAS (East AsiaSummit) und ADMM+ (ASEAN Defence Ministers‘ Meeting Plus) sowie mit Ländern weiter im Osten wie Japan, Südkorea, Australien und den pazifischen Inseln große Fortschritte erzielt. Dieser Fortschritt wird gemeinhin als Act Far East bezeichnet und wurde um Russland und den Fernen Osten erweitert.

Indien hat sich von einem Dialogpartner in 1996 zu einem Gipfelpartner im Jahr 2002 und einem Strategischen ASEAN-Partner in 2012 entwickelt. Heute engagiert sich Indien in mindestens 30 hochrangigen Dialogen in verschiedenen Bereichen der ASEAN. Indien braucht eine tiefere wirtschaftliche Integration mit den ASEAN und muss dies aktiv angehen, denn diese Gruppe entspricht einem Wert von 1,85 Milliarden USD und einem BSP von 3,8 Billionen USD.Die ASEAN haben zwischen April 2000 und März 2018 68,91 Milliarden USD in Indien investiert und Indien in den ASEAN-Ländern 36,67 Milliarden USD zwischen 2007 und 2015. Indien und die restlichen ASEAN wie auch die anderen fünf ASEAN-Partner – China, Australien, Neuseeland, Südkorea und Japan – sind Teil einer modernen, umfassenden, hochwertigen und gegenseitig nützlichen Regional ComprehensiveEconomicPartnership (RCEP). Ein zentraler Aspekt für die Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen ist die Verbesserung der Konnektivität – über Land, Wasser und Luft – zwischen Indien und den ASEAN. Indien ist gut beraten, den Bau des trilateralen Highways zu beschleunigen, der Indien, Myanmar und Thailand verbindet und später bis nach Laos, Kambodscha und Vietnam ausgeweitet wird. Premierminister Narendra Modi hat eine Kreditlinie in Höhe von 1 Milliarde USD für die Verbesserung der digitalen und infrastrukturellen Konnektivität mit den ASEAN angekündigt. Der trilaterale Highway soll in 2020 eingeweiht werden und die Bemühungen, die für eine erfolgreiche Eröffnung notwendige weiche Infrastruktur bereitzustellen, laufen. Auch die Meeresverbindungen an der östlichen Seegrenze Indiens sind essentiell, darunter auch die Häfen von Ennore und Chennai für die CMLV-Staaten. Die Partnerschaft mit den ASEAN will Indien darüber hinaus durch die Blue Economy-Kooperation optimieren: Investitionen in die Entwicklung von Entsalzungstechnologien, Nutzung der Biodiversität und Suche bzw. Grabungen nach Meeresmineralien. Indien errichtet derzeit Küstenüberwachungsnetzwerke und verbessert die Kapazität für die gemeinsame Maritime Domain Awareness (Bewusstsein für Meeresbelange) zusammen mit seinen Partnern. Außerdem hat Indien mit den ASEAN einen Green Fund eingerichtet, der bei Kooperationsprojekten zur Schwächung der Auswirkungen des Klimawandels unterstützen soll.

Derzeit fördert Indien die Bedeutung und Kompetenzen der ASEAN in der Region, verfolgt das Ziel der Stärkung der BIMSTEC (Bay ofBengal Initiative für Multi-Sectoral Technical andEconomicCooperation) zur Förderung der Kooperation im Golf von Bengalen und arbeitet mit der Mekong GangaCooperation Group zusammen, um die Kontakte zwischen Indien und der indisch-chinesischen Unterregion zu intensivieren. Das Forum for India andthe Pacific Island States (FIPIC) wurde in 2014 eingerichtet. Indien stellt jedem der 14 FIPIC- Inselstaaten jedes Jahr 200.000 USD auf Verlängerungsbasis für Entwicklungsprojekte zur Verfügung. Eine bemerkenswerte Entwicklung in der Region ist die Wiederbelebung der informellen Quad-Gruppe – bestehend aus Indien, Japan, Australien und den Vereinigten Staaten – zur Abstimmung der Positionen in der indopazifischen Region. Indien kann durch Ressourcen-Bündelung mit den Quad-Ländern bei Infrastrukturprojekten zusammenarbeiten. Indien könnte seine Nischenposition in der Informationstechnologie nutzen, um Zollformalitäten und das Risikomanagement besser abzudecken.

In der Zukunft muss Indien beim Abschluss von Konnektivitätsprojekten mit den ASEAN flexibel und schnell sein. Das Land wird außerdem starke Beziehungen in den Bereichen Verteidigung, Politik, Kultur und Sozialökonomie entwickeln müssen, Interdependenzen mit Ländern der Region entwickeln müssen, seine Nachbarschaft sicher und die Seekommunikationswege offen gestalten und für seine eigene wirtschaftliche Entwicklung ein stabiles und friedliches äußeres Umfeld sicherstellen müssen.