Indisches Kino Amerikanischer Sommer
Zum mittlerweile 19. Mal feiert das New York Indian Film Festival die unabhängigen, Arthouse- und alternativen Filme des indischen Subkontinents
32 Filme in sechs Tagen! Darunter waren sieben Weltpremieren, fünf US-Premieren und der Rest New Yorker Premieren, sowie Filme in Sprachen wie Assamesisch, Bengali, Tamilisch, Malayalam, Marathi, Kannada, Ladakhi, Pandschabi und Haryanavi! Aber das Stammpublikum des New York Indian Film Festivals (NYIFF) zuckt bei diesen Fakten nicht einmal mit der Wimper. Denn das NYIFF, das älteste und prestigeträchtigste indische Filmfestival in Amerika, ist bekannt dafür, nachdenkenswerte Filme zu würdigen, die von Indern in verschiedenen Teilen der Welt gemacht wurden. Interessanterweise drehen sich die Plots dieser Filme nicht immer um Indien oder die Inder, aber sie sind mit dem Land verknüpft. Zum 19. Mal verzauberte das Festival New York City mit einer Flut von Filmen, die geografische und politische Grenzen überschritten, und setzte neue Maßstäbe, indem es sich auf neue Gedanken und Dialoge fokussierte. Das Festival fand vom 7. bis 12. Mai in den Village East Cinemas in Manhattan statt und zeigte die wahre Kraft der indischen Diaspora, die den Geist ihrer Heimat im Herzen trägt, auch wenn sie in aller Welt verstreut ist.

Unerzählte Geschichten
Was abgesehen von der Vielfalt noch für Schlagzeilen auf dem diesjährigen NYIFF sorgte, waren fünf Blockbuster, die noch nicht einmal in Indien gezeigt worden waren: Gurinder Chadhas Blinded by the Light, Rohena Geras Sir, Ritesh Batras Photograph und The Last Color von Vikas Khanna. Ersterer stammt von dem englischen Filmemacher indischer Herkunft und dreht sich um einen asiatisch-britischen Teenager in den 1980er Jahren, der in der Musik von Bruce Springsteen Trost findet. Der Film soll durch die wahre Geschichte des Journalisten Sarfraz Manzoor inspiriert sein.
Geras Sir, der im letzten Jahr auf dem Filmfestival von Cannes gezeigt wurde und auf dem NYIFF zwei Auszeichnungen erhielt – Bester Film und Beste Darstellering (Tillotama Shome) – erzählt die Geschichte von Ratna, einer verwitweten Hausangestellten. Photograph, die New-Age-Romanze des Bollywood-Filmemachers Ritesh Batra (Regisseur von The Lunchbox) mit Nawazuddin Siddiqui und Sanya Malhotra gewann die Auszeichnung als Beste Regiearbeit. Der Film dreht sich um einen Straßenfotografen in Mumbai, der die Hilfe eines College-Mädchens sucht, als ihn seine Großmutter zur Ehe drängt. Den vielgelobten Schlusspunkt des Festivals setzte der Debütfilm des Starkochs Vikas Khanna, The Last Colour, der auf dem Urteil des Obersten Gerichts aus dem Jahr 2012 basiert, nach dem Witwen in Vrindavan an Holi teilnehmen dürfen. Ebenfalls im Fokus standen 19 regionale Filme in den Sprachen Bengali, Assamesisch, Marathi, Tamilisch und weiteren.

Laut Festival-Direktor Aseem Chhabra war das regionale Kino aus Indien stark vertreten, einschließlich eines Kinderfilms auf Ladakhi-Kaschmiri. „Wir sind stolz darauf, eine wunderbare Zusammenstellung neuer Filme aus Indien zu präsentieren. Diese Auswahl außergewöhnlicher Titel zeigt die Schönheit, die Kraft und den Glanz filmischer Erzählungen auf perfekte Weise“, erklärt er. Rakesh Kaul, Vizevorsitzender des Indo-American Arts Council (IAAC), des Gremiums, welches das NYIFF organisiert, stimmt dem zu und meint: „Das regionale Kino zeigt die wahre Essenz Indiens und das Publikum in New York hat durch das Festival die wunderbare Seite Indiens kennengelernt“.
Die Macher
Das Festival wurde von dem New Yorker Aroon Shivdasani ins Leben gerufen, der es 20 Jahre lang erfolgreich leitete, bevor er im letzten Jahr in Ruhestand ging. Seine Nachfolger heben das Festival nun durch neue Partnerschaften auf eine neue Ebene. Sarod-Maestro Amjad Ali Khan ist das neueste Mitglied im IAAC-Vorstand neben Vikas Khanna, der auch zum Markenbotschafter des IAAC ernannt wurde. Khanna, dessen Film mit Neena Gupta sich um schmerzliche Beziehungen dreht, meint: „Mein Film beschäftigt sich mit Symbolismus, sozialen Tabus und vor allem mit denjenigen, die die Gesellschaft als Ausgestoßene betrachtet. Ich wollte diese Geschichte schon immer erzählen und brauchte das richtige Publikum dafür. Dieses Festival bot mir die perfekte Plattform.“ Ein weiterer auf dem NYIFF gezeigter, vieldiskutierter Dokumentarfilm war Sindhustan der berühmten Haar-Stylistin Sapna Bhavnani, der von der Sindhi-Kultur handelt. Bhavnani erzählt über ihren Film und das NYIFF: „Das NYIFF war eine exzellente Kulisse für die Weltpremiere meines Debütfilms. Das Publikum war begeistert und unterstützend und die Vorführung spektakulär.“

Das Festival konzentrierte sich jedoch nicht nur auf alternative Filme. Madhumitha, deren tamilischer Film KD auch zum Line-Up gehörte, sagt: „Normalerweise herrscht beim indischen Publikum der Trugschluss, dass ein Film, wenn er auf Filmfestivals gezeigt wird, nur für ein Nischenpublikum gedacht ist. Aber Filmfestivals mischen im Gegenteil üblicherweise beide Arten von Filmen.“
Während Bollywood, die gigantische Hindi-Filmindustrie in Indien, jährlich Hunderte Filme mit riesigem Budget produziert, arbeiten die Filmemacher im ganzen Land unermüdlich daran, ihre einzigartigen Geschichten unter erschwerten Bedingungen zum Leben zu erwecken. Und Festivals wie das NYIFF bieten diesen kreativen Köpfen eine internationale Plattform, wie es Festival-Direktor Aseem Chhabra zusammenfasste: „Das Festival hat das Ziel, Filme zu fördern, die andernfalls weder New York noch ein weltweites Publikum erreicht hätten. Wir wollen erreichen, dass jede Geschichte erzählt und gehört wird!“