Tanz

Die ganze Welt ist eine Bühne

Heft 03, 2019

Die ganze Welt ist eine Bühne

Promita Mukherjee |Autor

Heft 03, 2019


Diese Tanzgruppen aus den Straßen von Mumbai überwinden soziale Vorbehalte und finanzielle Einschränkungen und erobern die Bühnen weltweit im Sturm

Ob unter der Bezeichnung Mayanagri, Stadt der Träume oder Mumbai: der Charme von Indiens Unterhaltungshauptstadt verblasst nicht. Jeden Tag kommen Hunderte zielstrebiger Künstler mit großen Hoffnungen auf das Rampenlicht in die Stadt, um ihren Traum zu verfolgen. Hier sammeln sich die Ambitionen Tausender, aber es ist auch die Heimat einiger – großer und kleiner – Tanzgruppen, die nicht nur internationales Lob, Titel und Lorbeeren eingeheimst, sondern auch eine Nische für Indien in der globalen Tanzszene geschaffen haben. Nehmen wir beispielsweise Kings United. Die Hip-Hop-Gruppe ist allgemein als ‚The Kings‘ bekannt und wird von ihrem Gründer Suresh Mukund angeführt. Erstmals hatte sie Erfolg, als sie in 2009 die Boogie Woogie-Trophäe (eine indische Tanz-Reality-Show) gewann. Und das war nur der Anfang. In den Folgejahren kam sie in Shows wie Entertainment Ke Liye Kuch Bhi Karega (2010) and India’s Got Talent (2011) auf den ersten Platz. Der Höhepunkt war erreicht, als sie einige der weltweit besten modernen Tanzgruppen schlug und den dritten Durchgang der amerikanischen Reality-Show World of Dance in 2019 gewann.

Elvis Mascarenhas und Namrata Wittike, die Indien auf dem World Salsa Summit in 2018 vertraten

Aber die Erfolgsgeschichte dieser Tanzgruppe, die Mukund mit Parth Vyas gegründet hatte, war alles andere als ein Spaziergang. Die Truppenmitglieder waren nicht nur mit Skepsis bezüglich ihrer Ambitionen konfrontiert, sondern hatten auch mit finanziellen Einschränkungen zu kämpfen. „Tanz war die einzige Fluchtmöglichkeit für viele Mitglieder unserer Gruppe, die aus finanziell nicht sehr gut gestellten Familien kamen. Wir machten Shows und mit den Stipendien, die wir erhielten, konnten wir unsere Familien unterstützen“, erzählt Mukund. Für Kings United hat sich das Leben seit dem internationalen Erfolg komplett verändert. „Für uns haben sich unzählige Möglichkeiten ergeben und wir sind ständig auf Reisen zu verschiedenen Events in unterschiedlichen Ländern. Wir haben gerade unsere ersten internationalen Workshops durch die USA hinter uns und planen in Kürze eine Tour durch Kanada und Europa. Auf den Philippinen haben wir kürzlich unseren ersten Film gedreht. Und das ist nur der Anfang: wir haben noch einen langen Weg vor uns“, schildert Mukund, dessen Entwicklung in 2015 den Bollywood-Tänzer und Choreographen Remo D’Souza zu seinem Film Any Body Can Dance inspirierte. Die neueste Feder an Mukunds Hut? Eine Nominierung für den Emmy in der Kategorie ‚Choreography for Variety or Reality Program‘!

Mukund und seine leidenschaftliche Tanzgruppe sind nicht die einzigen, die Hindernisse überwinden mussten, um erfolgreich zu sein. Bei B.E.A.ST (Born Ethical Abilities on Streets) Mode Crew war es ähnlich. Von B-Boying und House bis zu Dougie und von Popping und Locking bis zu Litefeet und noch darüber hinaus – es gibt nur wenige ‚Street Dances‘, die dieser talentierte Haufen nicht exzellent beherrscht. Die Faktoren, die in 2013 zur Gründung von B.E.A.ST Mode führten, sind genauso interessant wie die bisherige Entwicklung. „Wir [die Tänzer Ninja, Mik 62 und Sonic] waren auf dem Heimweg von Bengaluru nach Mumbai, als uns all unsere Habseligkeiten geraubt wurden. Wir haben überlebt, weil wir uns gegenseitig halfen, und haben es irgendwie nach Hause geschafft. Wir haben dann erkannt, dass wir alles schaffen können, nachdem wir diese Situation zusammen gemeistert hatten. Und das führte zur Gründung dieser Crew, in der nicht nur B-Boys sondern auch B-Girls, Hip-Hop- und Street Dancer sind“, erklärt Gruppenmitglied Sonic. Der Weg war jedoch lang, unwegsam und ungewiss, aber den Perfektionsdrang konnte dem Team keiner nehmen. „Wir hatten kein Studio, deswegen haben wir vor einem Laden in der Nagardas Road in Andheri East geprobt. Der Laden schloss um 20 Uhr, und bis 20.30 Uhr waren wir versammelt und fingen an zu proben. Wir waren mit verschiedenen Herausforderungen in Form von heftigen Regenfällen, protestierenden Nachbarn etc. konfrontiert“, fügt Sonic hinzu.

Aber getreu ihrem Wahlspruch ‚verfolge etwas mit unbeirrbarer Leidenschaft und du erreichst ein Niveau, das du niemals für möglich gehalten hättest‘ machte sich diese Crew nicht nur in der in- und ausländischen Tanzszene einen Namen, sondern hält auch den Limca-Rekord im B-Boying! Das Ereignis, das jedoch Talent und Expertise festigte, war der Keep on Dancing (KOD) Street Dance World Cup-Titel, den sie in 2017 holten. Für die Eingeweihten ist KOD bei Street Dance und Hip-Hop, was der World Cup für Kricket ist. B.E.A.ST Mode gewannen nicht nur den indischen Vorentscheid dieses weltberühmten Wettbewerbs, der in 2004 in Peking begann, sondern repräsentierten das Land auch im Finale in Südkorea, wo sie auch den Titel gewannen! Damit treten sie in 2020 als Titelverteidiger an.

Kings United bei einem Auftritt während des World of Dance Wettbewerbs in Los Angeles, Kalifornien

Das Salsa-Duo Elvis Mascarenhas und Namrata Wittke fällt nicht weit dahinter zurück. In 2018 reisten sie von den Straßen von Mumbai bis nach Miami in den USA, um Indien auf dem World Salsa Summit zu vertreten. Die Reise kostete sie rund 800.000 INR, aber sie mussten nicht weiter darüber nachdenken und investierten alles, was sie hatten. Namrata kündigte sogar ihren Job als Fernsehproduzentin, um ihrer Leidenschaft für den Tanz zu folgen, kündigte dafür ihre Festgelder und verwendete ihre Ersparnisse. Auch Elvis wendete seine letzten Ersparnisse auf, um sein Ticket nach New York zu finanzieren. Und ihre harte Arbeit und finanziellen Opfer rentierten sich. Während Elvis Gold in der Einzel-Männer-Kategorie Rising Star gewann, belegte Namrata den zweiten Platz in der Freestyle-Kategorie Runner-Up. „Die finanzielle Situation war die größte Herausforderung. Mit dem eigenen Geld umherzureisen, um das Land zu repräsentieren, ist nicht einfach. Tanz ist nichts Beständiges in Indien. Wir müssen Geld in das Training investieren, und es gibt auch kaum Unterstützung von Sponsoren. Aber international aufzutreten, nur beflügelt vom Tanz, ist etwas, das jeder Tänzer anstrebt. Es lässt einen ziemlich demütig werden, international anerkannt zu werden und Würdigung für meinen Stil zu erfahren“, meint Elvis, der unter anderem von Größen wie Prabhu Deva, Michael Jackson und Tight Eyez inspiriert wurde.

Promita Mukherjee

Promita Mukherjee ist eine bekannte Journalistin, die Lifestyle-Redakteurin bei verschiedenen Zeitungen war und für mehrere nationale Publikationen, darunter zahlreiche Reise-, Lifestyle- und Modemagazine, über verschiedene Themen geschrieben hat, von Kulinarik und Mode bis zu Reisen.
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