Eine Geschichte auf zwei Rädern
Es wird seit langem behauptet, dass die lebhaften Farben für die Details unseres riesigen Landes verantwortlich sind. Piya Bahadur erzählt, wie sie ihre sitzende Tätigkeit gegen eine Abenteuerreise eingetauscht hat, und weshalb Motorradfahren die beste Möglichkeit für eine intensive Entdeckung des Landes und des eigenen Ichs ist
Alle Entscheidungen, die wir heute treffen, basieren auf der Überlegung, wie die Außenwelt darauf reagiert. Nur selten berücksichtigen wir unsere eigene Bewusstseinslage und wie sie durch unsere Entscheidungen beeinflusst wird. Insbesondere nachdem ich alleine durch die schönsten Ziele Asiens gereist bin, habe ich verstanden, dass ich mich mit meinen eigenen Entscheidungen und mit mir selbst wohler fühle, wenn ich mit mir zufrieden bin.
Als sich die Gelegenheit ergab, als Teil einer vierköpfigen Frauen-Motorradgruppe von Hyderabad nach Vietnam (und zurück) zu fahren, erschien mir dies fast unwirklich. Der Besuch unserer Nachbarländer, indem man an einem Flughafen landet und an einer geführten Tour teilnimmt, ist zweifellos interessant, aber durch Städte und Landschaften zu fahren, klang so viel schwieriger. Es schien das Abenteuer unseres Lebens zu werden, auf 400-Kubik-Motorrädern auf einer rund 17.000 km langen Strecke des neu gebauten trilateralen Indien-Myanmar-Thailand Highways durch sechs Länder unterwegs zu sein.
DER ERSTE SCHRITT
Bis dahin hatte ich mir nur zugetraut, an einigen Tagen auf dem offenen Highway entlangzufahren. Lange Jahre als Mutter, Angestellte und Ehefrau hatten meine Risikofreude gemindert.
Meine Vorbehalte und Bedenken hielten weiter an, bis mit meine ältere Tochter Aditi fragte, weshalb ich nicht für die Reise packte. „Ganz oder gar nicht“, schien ihr Blick zu sagen, als sie im Spaß die Augenbrauen zusammenzog. In dem Moment wusste ich, dass der erste Schritt der schwerste sein würde – der sprichwörtliche Absprung.
Die volle Bedeutung der Worte meiner Tochter erfasste mich einige Wochen später, als wir schon lange unterwegs waren und abends in einem urwüchsigen, dunklen Wald im Arakan-Gebirge im westlichen Myanmar unter einem Baum anhielten. Zu dieser Uhrzeit hätte ich zuhause das Abendessen serviert. Aber hier in diesem wunderschönen Land dachte ich an den Tag, an dem ich beschloss, an dieser Expedition teilzunehmen. Als ich entschieden hatte, mich durch nichts mehr einschränken zu lassen – weder gesellschaftliche Normen, vermeintliche Pflichten und Aufgaben oder Beeinträchtigung durch Alter und Fitness, noch zeitliche Prüfungsvorgaben oder, tief in meinem Inneren, die Angst, selbstsüchtig zu erscheinen.

REISEBEGINN
Unsere Reise war an sich schon ein Erlebnis – zum ersten Mal in meinem Leben machte ich mir keine Gedanken über das Ziel, sondern nahm mit jedem Kilometer so viel in mich auf, wie ich konnte, und freute mich darauf, dass fast 17.000 km vor mir lagen.

Als wir ungefähr 2.800 km von Hyderabad, dem Ausgangspunkt unserer Reise, und 300 km vom kleinsten indischen Grenzposten Moreh, dem Tor nach Myanmar, entfernt waren, hörten wir Stimmen, die schrien: „Indo! Indien!“ Eine Gruppe Jungen und Mädchen winkten und jubelten uns zu. Wir winkten zurück. Diesen Ausruf hörten wir noch mehrmals, während wir Myanmar durchquerten und nach Laos, Kambodscha und Vietnam weiterreisten. Der Jubel wurde immer von einem Lächeln, dem Daumen-hoch-Zeichen und dem Deuten auf unsere dreifarbige Flagge, die auf unseren Jacken prangte, begleitet.
Wir nahmen die unübersehbaren Spuren unseres gemeinsamen Kulturerbes wahr, als wir den Ayeyarwady und den Mekong überquerten. Genauso wie am My Son-Denkmal der Champa-Dynastie, tief in Vietnam. Oder an den alten buddhistischen Stätten in Bagan. An den alten Hindu-Tempeln im Herzen von Südostasien, so weit weg von zuhause, war ich absolut überwältigt vom Mut unserer Vorfahren und erinnerte mich wieder einmal daran, dass wir in der Tat von einer Linie stolzer, unerschrockener Abenteurer abstammen.
EINE BESSERE ZUKUNFT
Nachdem eine vietnamesische Zeitung einen Artikel über unsere Reise veröffentlicht hatte, holte uns ein örtlicher Motorradclub am Stadtrand ab und eskortierte uns nach Ho Chi Minh City – wir sprachen kein Wort der jeweiligen anderen Sprache, aber der Kameradschaftsgeist war unmissverständlich. Ich hatte das Gefühl großer Zuversicht, als Freunde durch ein vertrautes, aber doch fremdes Land zu fahren.
Es ist immer erfreulich, von multilateralen Initiativen zur Überwindung der Kluft und Unterschiede zwischen den Menschen und Traditionen zu erfahren und zu lesen. Aber als auf dieser Reise meine Augen über den Horizont vor mir wanderten, unter mir der nasse Asphalt, erkannte ich, dass genau diese Reisen, auf denen man mit den Elementen kämpft, neue Menschen kennenlernt und Geschichten austauscht, die Kulturen vereinen, damit es eine bessere Zukunft gibt, geprägt von gegenseitigem Verständnis und Mitgefühl.

Die besten Autoreisestrecken durch das Land
Aufenthalt im Himalaya
Oft sind die schwierigsten Reisen die lohnenswertesten – wie diese adrenalinreiche Strecke durch die Himalaya-Region und mitten in ihr Zentrum hinein. Da man nicht weniger als 5 verschiedene Täler passiert, ist das Motorradfahren auf den härtesten Straßen Indiens nichts für zartbesaitete Gemüter. Die perfekte Reisezeit für den Trip ist von Juli – Oktober.
Route: Shimla-Spiti-Manali-Leh-Srinagar (circa 1.522 km)
Paradies im Nordosten
Bei richtiger Planung kann man fast alle wunderschönen Eindrücke genießen, die die Region zu bieten hat. Von den bewaldeten Ebenen in Assam über die Wurzelbrücken in Meghalaya und schließlich bis zu den hohen Gebirgspässen von Arunachal Pradesh – diese Reise umfasst all das. Beste Reisezeit: Juli – Oktober
Route: Cherapunji-Guwahati-Tezpur-Tawang (circa 660 km)
Abgeschiedenheit im Süden
Die Fahrt von Bengaluru nach Mysuru ist eine der beliebtesten Wochenendausflüge in Südindien und kann bis Ooty und Kodaikanal ausgedehnt werden. Sie führt durch idyllische, autonome Dörfer – die eigentliche Quintessenz des ländlichen Südindiens.
Route: Bengaluru-Mysuru-Ooty-Kodaikanal (circa 518 km)
Faszinierender Thar
Es gibt keinen besseren Weg, das majestätische Gebiet von Rajasthan zu entdecken, als in Begleitung des konstanten Wummerns eines Motorrads. Der rustikale Charme des Bundesstaats lässt sich am besten bei dieser Art der Durchquerung feststellen. Aufgrund der extremen Hitze im Sommer ist die beste Reisezeit in den Wintermonaten zwischen November und Februar.
Route: Jaipur-Bikaner-Jodhpur-Jailsalmer (circa 870 km)

Der 1.360 km lange trilaterale Indien-Myanmar-Thailand (IMT) Highway ist eine Initiative von Indien, Myanmar und Thailand. Er verläuft von Moreh in Manipur durch Myanmar bis nach Mae Sot in Thailand und hat sich als eine der schwierigsten Autoreisestrecken der Region entpuppt. Die komplette Strecke samt IMT-Highway verläuft durch Laos und Kambodscha bis nach Vietnam.
Die trilaterale Route:
Moreh (India) > Tamu (Myanmar) > Kalemyo > Naypitaw > Yangon (Mynamar) > Mae Sot (Thailand) (Circa 1,360 km)