Ländliches Reisen
Wenn sich die Welt von der COVID-19-Pandemie erholt haben wird, werden sich auch die Reisegewohnheiten ändern – mit zunehmendem Fokus auf den ländlichen Tourismus. Mit Unterstützung von Regierungsseite wird dieser Trend nicht nur den Austausch von Kulturen und Erlebnissen fördern, sondern auch finanzielle Unterstützung für die Dörfer bieten
Im Dorf Lamhi am Rande von Varanasi, Uttar Pradesh, laufen die Planungen, um in Zeiten nach der COVID-19-Pandemie wieder ausländische Touristen begrüßen zu können. Lamhi, ein typisches indisches Dorf, ist unter inländischen Gästen bekannt als Geburtsort des legendären Hindi-Autors Munshi Premchand. Sein gemächlicher, einfacher Lebensstil – ein starker Gegensatz zu dem hektischen Tempo der Stadt – bietet dem Besucher die Möglichkeit, den idyllischen Charme des indischen Landlebens zu genießen. Lamhi gehört zu den ländlichen touristischen Orten, die von Uttar Pradesh beworben werden. Was die Attraktivität dieses kleinen Dorfs als touristisches Ziel noch erhöht, ist seine Nähe zu bekannten Zielen wie Varanasi und dem buddhistischen Pilgerzentrum Sarnath. „Touristen haben die Gelegenheit, diese ländlichen Ziele am Ufer des Ganges mit dem Boot abzufahren“, erklärte Keertiman Srivastava, der regionale Tourismusbeauftragte von Uttar Pradesh, als er vor Pressevertretern die umfassenden Pläne des staatlichen Tourismusministeriums erläuterte, den ländlichen Tourismus in und um Varanasi weiterzuentwickeln. Im Rahmen der Initiative können Touristen eine Tour durch die idyllische Umgebung machen, das Dorfleben in Kaithi kennenlernen oder in das Dorf Jayapur fahren, das von Premierminister Narendra Modi „adoptiert“ wurde.
Im Fokus
Während sich die Tourismusbranche in den letzten Jahren weltweit auf die Bedeutung des Genusses individueller Freizeiterlebnisse konzentrierte, zeigte sich in der Pandemie die Notwendigkeit, das bisher Unbekannte zu entdecken und der Natur so nahe zu sein wie nur möglich. Auch in Indien arbeiten die staatlichen Tourismusbehörden daran, dass Reisende in das ländliche Leben eintauchen können. Ihre Bemühungen wurden durch das Motto des diesjährigen Welttourismustages (27. September) ergänzt – Tourismus und ländliche Entwicklung.In Rajasthan arbeitet die Regierung an der Erstellung innovativer touristischer Programme, um Reisende durch individuelle Erlebnisse anzuziehen und in den ländlichen Gegenden neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. Auch in Bihar und Kerala werden ländliche Tourismuskonzepte entwickelt. Das Tourismusministerium der indischen Regierung hat zur Ankurbelung des ländlichen Tourismus zwei Projekte in diesen beiden Bundesstaaten bewilligt. Die Projekte konzentrieren sich auf die touristische Entwicklung in den Dörfern Bhitiharwa, Chandrahia and Turkaulia in Bihar und auf die Malanad Malabar Bootstour in Kerala.

Tourismus und Beschäftigung
Der ländliche Tourismus bzw. die Ermutigung der Touristen, die Dörfer zu besuchen, bereichert nicht nur das Reiseerlebnis, sondern kurbelt auch die Wirtschaft vor Ort an. Reisende geben vor Ort Geld für Essen, Unterkunft oder den Kauf lokaler Kunsthandwerkprodukte und Souvenirs aus. Örtliche Kunsthandwerker finden so nicht nur neue und direkte Abnehmer für ihre Produkte, sondern erhalten auch unmittelbares Feedback von ihren Kunden. In manchen Fällen entwickeln Kunsthandwerker auch spezielle Designs auf Wunsch ausländischer Touristen, was sie bei der Weiterentwicklung ihrer Arbeit unterstützt. Der größte Einfluss ist jedoch bei Hotels und Unterkünften zu spüren. Durch den Anstieg des ländlichen Tourismus wurden selbst Hausbesitzer in abgelegenen Dörfern des Landes ermutigt, Privatunterkünfte anzubieten, was den Touristen die Möglichkeit bietet, Traditionen, Kultur und Küche unmittelbar kennenzulernen, und dabei auch das Einkommen der Gastgeber aufbessert.Der Tourismus hilft beim Aufbau einer symbiotischen Beziehung zwischen Stadt und Land durch Wissenstransfer. Reisende aus städtischen Gegenden besuchen das Land und geben Wissen, technologische Kenntnisse und Ressourcen an die Gemeinden vor Ort weiter, im Austausch gegen Kultur und Kulturerbe.

Kulturelle Relevanz
Indiens ländliche Gemeinden sind reich an kultureller Diversität und Kulturerbe. Ihre Lebensgrundlage basiert hauptsächlich auf der Landwirtschaft, und nachdem sie aus ihrem Kulturerbe kein Kapital schlagen können, drohen diese vielen uralten Praktiken, Künste und Handwerke zu verschwinden. In der heutigen Zeit liegt die Bedeutung des ländlichen Tourismus darin, dass es viele städtische Touristen gibt, die gerne etwas über diese versteckten Kulturschätze erfahren würden, aber gar nicht von deren Existenz wissen. Mit zunehmendem Tourismus können sich diese Schätze auch finanziell tragen. Jenseits der lebhaften Städte und beliebten Touristenorte können die Dörfer auch Zufluchtsorte des Friedens und Wohlbefindens sein. In Indien, wo es mit der Zusammenarbeit der örtlichen Bevölkerung zahlreiche Möglichkeiten für nachhaltigen und ländlichen Tourismus gibt, wird ein verantwortungsvoller ländlicher Tourismus das werden, was wir als neue Normalität bezeichnen.